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"Weil wir ein familiärer Verein sind"![]() (Der Westen)
![]() Der PBC Renaissance ist zurzeit Gladbecks einzig aktiver Billardverein. Mit Karsten Holstein, dem Kapitän der ersten Mannschaft und zweiten Vorsitzenden, sprach Christoph van Bürk über Potenziale und Probleme des Billards sowie die Szene in Gladbeck. Herr Holstein, was ist denn Billard nun: Kneipen- oder Leistungssport? Holstein: Früher war es ein Kneipensport, und heute ist es leider noch als solcher verrufen. Aber Billard ist mittlerweile als Leistungssport anerkannt, und die Leistungsdichte ist bis heute erheblich gestiegen. Allein die Tatsache, dass wir quasi gleich um die Ecke in Bottrop ein Billard-Leistungszentrum haben, beantwortet aber die Frage. Hat die Sportart Billard eine Zukunft? Das ist schwer zu beantworten. Die Szene ist in den vergangenen zehn Jahren erheblich geschrumpft. Es ist nämlich äußerst schwer, ein Vereinsheim mit mehreren großen Tischen wirtschaftlich erschwinglich zu unterhalten. Das können sich viele Vereine ganz einfach nicht leisten. Ab der Landesliga sind zum Beispiel zwei Tische Pflicht. Aber für einen Verein mit, sagen wir, 30 Mitgliedern, ist das schon zu wenig. Das bedeutet geringe Trainingsmöglichkeiten, und so kann man auch keine vernünftige Jugendarbeit leisten. Wer also keine Heimat hat, hat auch keine Zukunft. Wie ist der PBC Renaissance in dieser Hinsicht aufgestellt? Wir haben in unseren Klubräumen am Bramsfeld acht Tische auf 350 Quadratmetern und zurzeit um die 70 Mitglieder. Aktive Spieler zahlen 20 Euro Beitrag im Monat. Zum Vergleich: In anderen Vereinen müssen die Mitglieder bis zu 60 Euro zahlen, damit sich Spielbetrieb und Vereinsheim rechnen. Auch Jugend bedeutet Zukunft. In der zweiten Mannschaft, die zurzeit die Landesliga anführt, spielen bis auf Routinier Michael Maaß junge Sportler zwischen zwölf und 18 Jahren. Warum spielen junge Menschen heutzutage noch Billard? Weil wir ein familiärer Verein sind, in dem die Jungen nicht von den Alten abgetan, sondern mit Rechten und Pflichten integriert werden. Das ist für die Jungs irgendwie spannend. Sie müssen sich um die Pflege der Tische kümmern und Kugeln polieren wie alle anderen, werden dafür zu Spielen und Meisterschaften gefahren, betreut und trainiert. Wir haben vor drei Jahren explizit mit der Jugendarbeit begonnen und den Verein beworben – zum Beispiel bei der Ferienpass-Aktion der Stadt und im Internet. Und wenn man einen Jugendlichen hat, beginnt eine starke Mund-zu-Mund-Propaganda. Mittlerweile beträgt unsere Jugendquote 20 Prozent. Hätten Sie mit so einem erfolgreichen Saisonstart für die Zweite gerechnet? Wir sind sehr überrascht. Die Jungs trainieren seit drei Jahren regelmäßig bei Dirk Ickert und André Schröder. Neben dem Basistraining üben sie individuell mit erfahrenen Spielern – bis zu dreimal pro Woche. Das eine ist ja, eine Kugel reinzuschubsen. Das andere, die weiße Kugel gleichzeitig für den nächsten Zug zu positionieren. Das ist wie beim Schach, und wenn es optimal ist, schießt man in einer Aufnahme die komplette Serie aus, ohne dass der Gegner zum Zug kommt. Ist Pool attraktiver für junge Menschen, Karambol aber das „wahre” Billard? Ein Karambolspieler wird das bejahen, ein Poolspieler natürlich nicht. Jedes Billard hält sich für das „wahre” oder „richtige”. Aber man kann die Spielarten prinzipiell nicht miteinander vergleichen – ebenso wenig wie Poolbillard mit Snooker. Richtig ist aber, dass Pool einen höheren Stellenwert bei jungen Menschen hat. Wahrscheinlich weil man ein sichtbares Erfolgserlebnis hat, wenn man eine Kugel versenkt. Und trotzdem ist die Gladbecker Billardszene, die einmal sehr lebendig war, größtenteils tot. Leider ja. Gladbeck war mit phasenweise acht Vereinen immer Billard-Hochburg, die großartige Spieler herausgebracht hat. Oliver Ortmann zum Beispiel ist mehrmaliger Weltmeister im Pool und einer der wenigen, die es geschafft haben, mit Billard Geld zu verdienen. Der hat beim PBC Gladbeck 74 gespielt. In den 80er Jahren ging es aber schon bergab, in den 90ern wanderten die stärksten Spieler zu anderen Vereinen. Renaissance hat damals sogar in der Bundesliga gespielt. Andere wie SW Gladbeck oder PBC Gladbeck 74 sind von der Bildfläche verschwunden. Seit 2000 haben einige ihr Vereinsheim verloren und haben sich ebenfalls aufgelöst wie die Zweckeler Klubs PBF 74 und PV 78. Davon müsste Renaissance als einzig verbliebener Verein doch profitieren. Eigentlich schon. Es wundert uns selber, dass noch keine stärkeren Spieler zu uns gekommen sind.
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